LAMA KALSANG RINPOCHE
Gunna Tulku Lama Kalsang Rinpoche wurde in Ost-Tibet, in Chogh Shi Sam in der Makham Zhong Provinz geboren. Er war zehn Jahre alt, als er Mönch wurde.
Lama Kalsang Rinpoche studierte unter der Leitung von Gunna Penchen Rinpoche im Gunna Sakya-Kloster. Dort erhielt er die wichtigsten grundlegenden Lehren und Einweihungen der Sakya-Linie.
Er verließ Tibet 1991 nach einer Pilgerreise zum Kailash Berg. Im Jahr 2002 schickte Seine Heiligkeit ihn als Resident Lama nach Malaysia und 2005 für 2 Jahre nach Singapur, in denen er die Sakya Gemeinschaft leitete.
Zur Zeit ist er der Residenz Lama in Ungarn und gibt Einweihungen auch in anderen europäischen Ländern.
Vor 27 Jahren wurde auf dem PAUENHOF mit KHEMPO DORJE GYALTSEN unter dem Namen SAKYA LING die erste Sakya Gemeinschaft in Deutschland gegründet.
Das Testament von Rinpoche Khempo Dorje Gyaltsen
Pauenhof, den 09.04.1993, Khempo Dorje Gyaltsen war Mitbegründer des Pauenhofes. Nach vielen Jahren in chinesischen Lagern kam er nach Deutschland. Er starb kurz nach diesem Testament an den Folgen der Leiden in den chinesischen Gefangenenlagern in Tibet.
„Jetzt wo ich wieder da bin, sehe ich hier auf dem Hof, obwohl ich nicht viel gesehen habe, eine wunderschöne Entwicklung. Was gibt es für mich mehr zu wünschen, als dass dieser Ort offen ist für alle fühlenden Wesen und dass hier das DHARMA gelehrt werden kann … und wenn das mein letzter Wunsch ist. Die Arbeit, die hier im Zentrum gemacht wird, ist eine Arbeit, bei der es um das Wesentliche im Leben geht: Hier in Europa gibt es so viele Wertvorstellungen.
Vieles, von dem man erwartet, dass es Freude und Erfüllung bringt, ist in Wirklichkeit Ursache von Leiden. Betreibt die Entwicklung des Dharma regelmäßig und konstruktiv. Wie ein Baum, der langsam seine Wurzeln treibt, sollte diese Arbeit auch zuverlässige Wirkungen haben – nicht wie der Esel, dessen Mühen ihn nicht weiter bringen. Ich bin jetzt 5 Tage hier, und ich möchte in diesen Tagen alle sehen, die mit dem Zentrum zu tun haben. Für mich ist dieses Zentrum zu einer Hauptaufgabe in meinem Leben geworden. Was hier entstanden ist, ist nicht von mir ausgegangen, sondern wir alle haben die Ursachen dafür geschaffen und schaffen sie immer weiter.
Alles, was ich wünsche, ist, dass die Menschen die Realität, die Wirklichkeit des Lebens verstehen lernen. Ich habe alles getan, was ich tun konnte. Am Anfang war ich Bauarbeiter. Das habe ich nicht gemacht, weil ich so gerne am Bau arbeite. Ich dachte mir einfach: Wenn ich einen Stein trage, werden die anderen vielleicht zwei Steine tragen. Die Natur des Samsaras hat es mit sich gebracht, dass ich krank geworden bin. So ist das Leben! Und wenn ich hier sterben würde, wäre das ein idealer Platz, nicht Indien, nicht Nepal, sondern hier oder in Tibet. Und wenn ich jetzt sterbe, hört das Dharma deswegen nicht auf.
Es gibt viele gute Lehrer in allen Traditionen. Ich würde mir wünschen, wenn wir hier weiter auf der Sakya Tradition aufbauen würden. Ich habe Lama Gendün ausgewählt, der heute kommen wird. Er ist ein zuverlässiger und grundehrlicher Lama. Ich empfinde ihn als höchst geeignet, die Arbeit hier weiter zu betreuen. Das heißt aber auch, dass wir Lamas aller Traditionen einladen sollten, denn wir müssen unbedingt Offenheit für alle Schulen des Buddhismus bewahren. Nur wenn wir zu konträr handeln, könnten Konflikte entstehen, die mehr schaden als nutzen. Versucht, das zu vermeiden.
Wenn ich nun sterbe, wäre es eine große Erleichterung für mich zu wissen, dass hier ein Ort weitergeführt wird, an dem Menschen zusammenkommen und praktizieren. Dann wäre, auch wenn ich jetzt sterben würde, mein Lebenswunsch halbwegs erfüllt. Das ist der Grund, warum ich jetzt extra noch einmal gekommen bin. Das wollte ich Euch noch einmal sagen (Rinpoche ist unter großen Schmerzen gereist …). Ich bin jetzt 72 Jahre alt und wenn ich sterbe, geschieht das mit einer Kontrolle über den Vorgang des Sterbens. Ihr wisst, dass ich gebetet habe, hier zu sterben. Ich wollte, dass eine Stupa meine Präsenz hier gewährleisten kann. Ich habe keine Angst zu sterben. Dennoch habe ich mich operieren lassen, um meinen Wunsch zu erfüllen, 85 Jahre dem Dharma dienen zu können. Lasst uns hoffen, dass dieser Wunsch in Erfüllung gehen kann.
In 5 Tagen fahren wir nach Indien, und wir werden dort mit S.H. Sakya Trizin sprechen. Michel wird mich begleiten und Euch über die Ergebnisse dieser Gespräche berichten. Michel hat eine große Verantwortung übernommen mit diesem Zentrum. Auch sein Herz und seine Kraft sind hier konzentriert. Ich möchte Euch bitten, ihn dabei, wo Ihr nur könnt, zu unterstützen. Es wäre wirklich traurig, wenn dies nicht geschehen würde. Unter spirituellen Freunden ist das wichtigste die Harmonie, gegenseitige Hilfe im Dharma. Denkt daran, dass es auch wichtig ist, diese Eigenschaften nach Außen zu tragen. Jemand mag vielleicht die Vorstellung haben, dass Dharma und die Welt nicht zusammen passen. Das ist ein völliges Missverständnis. Das Dharma und der Alltag müssen zusammen gelebt werden.
Bewahrt Offenheit,
bewahrt Zusammengehörigkeit,
bewahrt gegenseitige Unterstützung,
bewahrt Fürsorge,
bewahrt die Liebe.
Dann wird nichts zu schwer werden. Lebt das Dharma in dieser Welt. Hier gibt es keine wirklichen Gegensätze. Lasst Euren Geist nicht eng und klein werden. Versucht Gefühle und Gedanken zusammen zu entwickeln, sonst entsteht eine unstabile Situation:
FÜHLT MIT VERSTAND UND VERSTEHT MIT GEFÜHL!
Das gilt für jede Beziehung unter den Menschen.
So entsteht KONTINUITÄT.
So entsteht KONTAKT.
Ich bin jetzt sehr erleichtert, dass ich Euch das alles noch sagen konnte! Vorhin, als ich aus dem Flugzeug stieg, hatte ich befürchtet, dass ich dazu keine Gelegenheit mehr bekäme. Ich wollte Euch das alles noch sagen. Wenn ich sterbe, gibt es nicht weniger Dharma auf der Welt. Das liegt an Euch, die Arbeit weiterzuführen.“
Ven. Khempo Dorje Gyaltsen Rinpoche starb kurze Zeit später in der Vollmondnacht 6.5.1993 um 5.00 morgens in Rajpur, Indien, in der Nähe seines Meisters S.H. Sakya Trizin.
Dieses Testament ist zur Richtlinie des Lebens und der Energie auf dem Pfauenhof geworden. Die Entwicklung hier ist wohl weitgehend im Sinne dieses Testaments und darüber hinaus. Alles alles, was geschafft wurde, wäre nicht denkbar ohne dieses Testament und seinen Verfasser!
Wir laden dich ein – nah oder fern – mitzumachen mit deinen Wünschen, Gebeten, deiner Arbeit und deinen Taten, deiner Meditationspraxis. Mögen alle glücklich sein.